Italien – Das „Land des Weines"
Amarone, Barolo, Brunello, Ripasso und Prosecco sind Weine, die heute überall auf der Welt grosses Ansehen geniessen. Dass es Italien soweit nach oben geschafft hat, verdankt das „Land des Weines“ nicht nur Frankreich und den Römern, sondern auch seiner eigenen Opferbereitschaft für den edlen Tropfen. Bereits die alten Griechen erkannten das Potential von Italien als zukünftiges Weinland und nannten es deshalb Ointria – das Land des Weines. Doch das Potential genutzt haben erst die Römer so richtig. Parallel zum Aufbau des römischen Reiches errichteten sie auch ein „Weinimperium“ in Italien - mit Pompeji als Weinhandelszentrum und Hauptproduzent. Denn Wein war für die Römer ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags. Sie verstanden sich ausgezeichnet auf die Kunst der Weinzubereitung und würzten ihn mit Harz, Honig und Gewürzen, um ihn geschmacksvoller und länger haltbar zu machen. Auch literarisch wagten sich grosse römische Schriftsteller wie Cato an den Weinbau heran. So schrieb er unter anderem ein Buch darüber, wie man Wein gewinnbringend produzieren kann. Doch diese Unverzichtbarkeit auf Wein wurde den Römern etwa 79 v.Chr. , nach dem Ausbruch des Vesus, zum Verhängnis. Der Vulkanausbruch zerstörte dem Hauptlieferanten Pompeji jegliche Anbauflächen für Reben. Weinreserven wurden knapp, neue Lösungen mussten auf den Tisch. Statt auf Wein zu verzichten, gaben die Römer ganze Getreidefelder auf, um mehr Anbaufläche für Reben zu haben. So war zwar kurzfristig ihr geliebtes Getränk wieder verfügbar, dafür aber litten sie bald darauf unter einem Getreidemangel, der eine Hungersnot auslöste... Mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches ging dann auch die Weinkultur in Italien für eine Weile „unter“. Erst Papst Paul III brachte im 14. Jahrhundert neuen Aufschwung in den italienischen Weinbau. Er verbannte französische Weine und führte die erste Katalogisierung eigener Weingüter durch. Doch so ganz konnte man nicht auf Frankreich verzichten. Im 19. Jahrhundert halfen die Franzosen beim Anbau einiger berühmten Sorten in Italien – unter anderem Nebbiolo, Brunello oder Sangiovese – und verhalfen so Italiens Weinlandschaft zum internationalen Durchbruch. Heute werden in Italien rund 2’000 Rebsorten auf zirka 850'000 Hektar kultiviert – die meisten Rebsorten der Welt. Davon sind viele autochthon, stammen also ursprünglich von Italien selber. Der Anbau so vieler verschiedener Sorten hat Italien vor allem der grossen Boden- und Klimavielfalt zu verdanken. Nützlich sind auch die Alpen, welche als Schutzschild vor schlechtem Wetter fungieren. Von den rund 60 Millionen Hektoliter Wein pro Jahr wird etwa ein Drittel exportiert – so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt. Italien ist Weinexportweltmeister, was vielleicht auch ein wenig mit der Geschichte und der heutigen Trinkkultur in Italien zu tun hat. Wein war und ist in Italien ein „Alltagsgetränk“ und wird in kleinen Mengen zu Mahlzeiten getrunken. Grossartige Weingeniesser sind die Italiener nicht – aber dafür grossartige Weinmacher.
Venetien – Vielfältigste Weinregion Italiens
„Ti amo amarone“ – Bei dieser Aussage stimmen heutige Weinkenner und Römer überein: Amarone versüsst einem das Leben. Die nördliche Region hat aber noch andere Asse im Ärmel. Im Norden Italiens, an der Grenze zu Österreich liegt mit der Hauptstadt Venedig die drittgrösste Region Italiens: Venetien. Auf den rund 75'000 Hektaren Rebfläche werden über 90 verschiedene Weintypen angebaut, was sie zur vielfältigsten Weinregion in Italien macht. Möglich wird das durch die sehr unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten in Venetien: Von gebirgigen Hanglagen über flache Ebenen bis hin zu Küstenstreifen wird alles mit Trauben bepflanzt. Hervorzuheben ist dabei vor allem das Gebiet Valpolicella, wo der berühmte Rotwein Amarone produziert wird – neben Barolo und Brunello einer der grossen Rotweine Italiens. Laut einer Legende vergass ein Kellerarbeiter ein Fass Recioto, woraus dann der Amarone entstand. Das erklärt auch den hohen Alkoholgehalt des Amarone. Doch die sonst süsse Pracht hat einen speziellen Abgang. Man trinkt Amarone im wahrsten Sinne des Wortes „bis zum bitteren Ende“. Schon ein Vorläufer des Amarone, der Raeticum, erfreute sich an römischen Festen grosser Beliebtheit. Sogar am Hofe des Kaiser Augustus versüsste er manche zweisame Stunde. Doch Venetien kann nicht nur mit „Rotem“ auftrumpfen. Im Hinterland werden auch grossartige Weissweine produziert. So etwa der liebliche und sanfte Soave, der aus Garganega-Trauben hergestellt wird. Auch rund 150 Millionen Flaschen Prosecco haben ihren Ursprung in Venetien, vor allem in den Bergen von Treviso. Die Region Venetien versuchte schon früh durch fortschrittliches Denken Qualität und Quantität zu vereinen. Das älteste önologische Institut hat seinen Sitz in der Region, es besteht seit 1877. Ein Viertel der Weine besitzen ausserdem DOC Status, mit 20 Prozent der DOC-Produktion ganz Italiens ist Venetien ein Spitzenproduzent. Exportiert wird vor allem Soave, Bardolino, Ripasso und natürlich... Amarone.